Zum Thema der individuellen Behandlung von Schulterschmerzen konnte die Redaktion des Leading Medicine Guides mehr zu den Möglichkeiten von Dr. med. Sebastian Gathmann und Dr. med. Laurent Bohnert erfahren.
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Schulterschmerzen haben verschiedene Ursachen und die Behandlungsansätze variieren entsprechend. „Zunächst muss man differenzieren, ob es sich um einen akuten Schmerz aufgrund eines Unfalls oder einer Verletzung, oder um eine chronische Erkrankung der Schulter handelt. Bei Schmerzen infolge einer akuten Verletzung treten die Beschwerden in der Regel plötzlich auf. Die Bewegungen des Schultergelenks sind oft schmerzhaft und stark eingeschränkt. Im Gegensatz dazu entwickeln sich Schulterschmerzen aufgrund von überlastungs- oder abnützungsbedingten Schultererkrankungen eher allmählich. Die Beschwerden können sich im Laufe der Zeit verschlimmern und werden oft ebenfalls von Einschränkungen der Beweglichkeit oder der Kraft begleitet. Die Schmerzen können sich bei spezifischen Bewegungen oder Belastungen verstärken und können von lokalen Entzündungen oder Schwellungen begleitet sein“, erklärt Dr. Bohnert zu Beginn unseres Gesprächs.
Dr. Gathmann ergänzt: „Schulterschmerzen kommen sehr häufig vor – jeder zehnte Mensch ist irgendwann davon betroffen. Viele Patienten kommen zu uns mit einer Vordiagnose, die aber nicht immer dem tatsächlichen Problem entspricht. Bei der Erstuntersuchung des Patienten gilt es zunächst, den Schmerzursprung genau zu lokalisieren. Hierfür ist es wichtig, sich beim ersten Gespräch viel Zeit zu nehmen. Das Alter des Patienten spielt insofern eine Rolle, als dass bei älteren Menschen eher abnützungsbedingte Erkrankungen wie zum Beispiel eine Arthrose oder Spontanrisse der Rotatorenmanschette vorkommen. Menschen, die bestimmten Risikofaktoren ausgesetzt sind, wie repetitiven Überkopfbewegungen oder schwerem Heben, im Beruf oder beim Sport, haben ein erhöhtes Risiko für gewisse Überlastungsbeschwerden. Bei jüngeren Patienten hingegen sind Sportsyndrome meist vordergründig. Zu den häufigsten gehören das Impingement-Syndrom, bei dem Sehnen oder Schleimbeutel eingeklemmt werden, insbesondere bei Überkopfbewegungen. Dieses Engpass-Syndrom tritt bei ca. jedem dritten Patienten auf. Ferner treten häufig Labrum-Läsionen auf, bei denen der ringförmige Knorpelring um die Gelenkpfanne der Schulter verletzt ist. Instabilitäts-Syndrome treten auf, wenn das Schultergelenk überbeweglich wird, oft durch wiederholte Bewegungen oder plötzliche Stöße gegen die Schulter“.
Die Rotatorenmanschette ist eine Gruppe von Muskeln und Sehnen im Schultergelenk, die zusammenarbeiten, um das Schultergelenk zu stabilisieren und die Bewegung des Arms zu ermöglichen. Die Hauptfunktion der Rotatorenmanschette besteht darin, den Oberarmkopf fest im Schultergelenk zu halten und gleichzeitig eine Vielzahl von Bewegungen zu ermöglichen, insbesondere Drehbewegungen und das seitliche Heben des Armes.
„Eine spezifische Physiotherapie ist meistens der erste Ansatz, den man wählt. Diese nutzt spezielle Behandlungsmethoden sowie gezielte Übungen und Therapien, um die Funktion der Schulter wiederherzustellen und die Schmerzen langfristig zu reduzieren. Diese Methoden zielen darauf ab, muskuläre Ungleichgewichte, Bewegungseinschränkungen und biomechanische Probleme zu korrigieren, die zu den Schmerzen führen können. Bei vielen Patienten liegt eine muskuläre Dysbalance vor, was ein Impingement, also ein sogenanntes Engpass-Syndrom, herbeiführen kann. Die Fehlhaltung und Fehlbelastung der Schulter führt dann häufig zu Entzündungen und Reizungen des Schleimbeutels sowie zu muskulären Verspannungen. Hier kann die Physiotherapie helfen die Muskeln wieder auszubalancieren und die Schulter zu zentrieren. 3-4 Monate Behandlungsdauer sind häufig nötig, um die Beschwerden zu beseitigen. Manchmal können begleitende Injektionen mit Kortikosteroiden oder Eigenblut die Physiotherapie zusätzlich unterstützen, indem sie eine Linderung von vorhandenem Schmerz herbeiführen“, schildern Dres. Bohnert und Gathmann.
Dr. Bohnert wägt ab: „Wie behandelt wird, muss individuell abgestimmt werden. Das Alter des Patienten spielt hierbei eine eher untergeordnete Rolle im Vergleich zu dessen funktionellen Ansprüchen. Ein unfallbedingter größerer Riss mit guter Muskelqualität in der Magnetresonanztomographie (MRT) und deutlicher Einschränkung der Schulterfunktion sollte zeitnah operativ repariert werden. Kleinere degenerative Risse ohne relevante Funktionseinschränkung können hingegen oft ohne Operation behandelt werden“. Dr. Gathmann fügt hier zusätzlich an: „Neben den klassischen physiotherapeutischen Therapien hilft häufig das sogenannte `Dry Needling´, welches sich besonders zur Behandlung von Triggerpunkten, lokalisierten stark verspannten Stellen in verhärteten Muskeln, eignet. Die Behandlung wird mit sehr dünnen Akupunktur-Nadeln durchgeführt. Hierfür ist allerdings eine spezielle zusätzliche Ausbildung des behandelnden Physiotherapeuten nötig. Patienten fragen durchaus auch ab und zu nach alternativen Behandlungsmethoden. Auf Wunsch können solche Methoden als Ergänzung der klassischen Therapie in das Behandlungsspektrum integriert werden“.
„Arthroskopische Verfahren ermöglichen es uns seit einigen Jahren über kleine Hautschnitte mit einer speziellen Kamera in der sogenannten `Schlüsselloch-Technik´ zu operieren und mit großer Präzision mittlerweile auch komplexe Eingriffe durchzuführen. Dies reduziert das Risiko von Gewebeverletzungen und postoperativen Schmerzen, während es gleichzeitig eine schnellere Genesung ermöglicht. Ein weiterer vielversprechender Bereich sind biologische Therapien wie die Eigenbluttherapie, die wir bei Ortho Cham Zug seit einigen Jahren anbieten und welche häufig eine gute Alternative zur Kortisontherapie darstellt. Hierbei wird dem Patienten Blut entnommen, welches dann zentrifugiert wird, um das Plättchen-reiche Plasma (Platelet Rich Plasma, PRP) zu isolieren. Dieses Plasma, das ebenfalls reich an Wachstumsfaktoren ist, wird dann in das betroffene Gewebe injiziert, um dessen Regeneration und Reparatur zu unterstützen. Dies wird bei uns in einer Behandlung drei Mal jeweils im Abstand von zehn Tagen wiederholt. Diese biologische Therapie, welche für abnützungsbedingte Sehnenerkrankungen (Tennisellbogen, chronische Achillessehnenentzündungen) bereits seit längerem etabliert ist, bietet für eine wachsende Anzahl an Erkrankungen eine vielversprechende Alternative zu herkömmlichen Behandlungen und kann die Genesung beschleunigen“, erklärt Dr. Bohnert zu den neuesten Behandlungsmethoden.
Ein weiterer wichtiger Fortschritt liegt in der verbesserten Bildgebungstechnologie. Fortgeschrittene Bildgebungsverfahren wie die Magnetresonanztomographie (MRT) ermöglichen eine präzisere Diagnose und Planung der Behandlung von Schultererkrankungen. Diese Technologien helfen dabei, kleinere Läsionen oder Anomalien zu identifizieren, die möglicherweise mit herkömmlichen Bildgebungstechniken nicht erkennbar sind.
Bei der Entwicklung eines maßgeschneiderten Behandlungsplans ist es wichtig, die täglichen Aktivitäten des Patienten zu berücksichtigen, einschließlich beruflicher Anforderungen, sportlicher Aktivitäten, Hobbys und anderer Lebensgewohnheiten. Dr. Gathmann betont an dieser Stelle: „Es ist uns sehr wichtig, unsere Behandlung jeweils an die individuellen Bedürfnisse und Ansprüche unserer Patienten anzupassen. Die gewachsenen funktionellen Ansprüche, und auch das Bedürfnis, bis ins hohe Alter körperlich fordernde Aktivitäten auszuüben, haben dazu geführt, dass man heutzutage die Behandlung weniger vom chronologischen, sondern vielmehr vom biologischen Alter abhängig macht. In unserer Praxis sind alle Ärzte hochspezialisiert. Wir haben eine jahrelange Erfahrung in der Behandlung von gelenkspezifischen Verletzungen und Erkrankungen. Dies ermöglicht es uns, unseren Patienten die beste individuell abgestimmte Behandlung mit den modernsten Verfahren und nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft zu bieten“.
„Die individuelle Operationsplanung ist gerade dabei sich schnell weiterzuentwickeln. So planen wir bereits jede Schulterprothese individuell anhand von 3D Rekonstruktionen der knöchernen Anatomie mithilfe von präoperativen Computertomographien (CT). In naher Zukunft wird es auch möglich sein, mithilfe von „Augmented reality“ (erweiterte Realität) diese Planung während der Operation virtuell direkt über das Operationsfeld zu projizieren, um die Implantation der Prothese so passgenau wie möglich zu erledigen. Auch können so wichtige Strukturen besser lokalisiert werden, was das Risiko von Komplikationen während des Eingriffs reduziert“, sagen Dres. Bohnert und Gathmann und geben zum Ende unseres Gesprächs noch einen allgemeinen Ratschlag um Schulterbeschwerden vorzubeugen:
„In der heutigen Zeit gehen viele Menschen einem ausschließlich sitzenden Beruf nach und entwickeln dadurch eine Fehlhaltung, sprich die Angewohnheit, die Schultern zu weit nach vorne zu neigen. Dies ist häufig der Ausgangspunkt von Schulterproblemen. Um das zu vermeiden, reicht bereits ein kleines regelmäßiges Sportprogramm, welches die Haltung im Alltag verbessert. Sollten jedoch bereits Schulterschmerzen bestehen, ist es empfehlenswert diese frühzeitig abklären zu lassen“.
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